Unwirksamer Sicherstellungszuschlag für unverzichtbare Krankenhäuser

Autor: Klaus Emmerich

 

Sicherstellungszuschläge für bedarfsnotwendige Krankenhäuser schützen nicht vor Schließung

 

1) Einleitung

 

Mit der SANA Klinik Roding schloss zum 31.03.2022 ein „unverzichtbares“ Sicherstellungskrankenhaus.

 

Geht das überhaupt? Darf ein Krankenhaus schließen, das die „für die Versorgung der Bevölkerung notwendige(n) Vorhaltung von Leistungen“ anbietet?“ Das Szenario scheint ungeheuerlich. Es ist deshalb geboten, die Wirksamkeit des Sicherstellungszuschlags zu untersuchen, dessen gesetzliche Aufgabe es ist, „flächendeckend eine Erreichbarkeit von ... festgelegten PKW-Fahrzeitminuten eines anderen geeigneten Krankenhauses“ in Deutschland sicher zu stellen.

 

Wer die folgenden Ausführung liest, wird bestürzt sein:

 

  • Der Sicherstellungszuschlag schützt nicht vor der Schließung bedarfsnotwendiger Allgemeinkrankenhäuser.

  • Er korrigiert auch keine klinische Unterversorgung, die heute bereits in diversen Regionen Deutschland mit unzumutbaren Entfernungen zum nächstgelegenen Krankenhaus existieren.

 

Die Untersuchung beginnt mit den Ursachen unzumutbarer Entfernungen zum nächstgelegenen Krankenhaus, den Klinikschließungen.

 

2) Szenario Klinikschließungen – systematisch gefördert

 

In Deutschland schließen Krankenhäuser, auch und gerade in der Corona-Pandemie. 2020 waren es immerhin 20 Klinikstandorte, die ihre Pforten schließen mussten, i.d.R. aus ökonomischen Gründen. *1) Das wird durch die DRG-Fallpauschalenabrechnung provoziert,. Krankenhäuuser machen Verluste und werden in ihrem Bestand gefährde.t durch die der Bestand von Krankenhäusern gefährdet ist, welche Verluste machen. Dies ist bundespolitisch gewollt, um die Kosten der Krankenhäuser und damit die Beiträge der Krankenversicherten zu begrenzen. *2)

 

Gesundheitsökonomen wie Prof. Dr. Boris Augurzky sowie Prof. Dr. Reinhard Busse und die Bertelsmann-Stiftung propagieren den Abbau von Klinikbetten und Klinikstandorten. Nur 600 der aktuell 1.914 Krankenhäuser sollen in Deutschland verbleiben. *3) Dazu entwickelte Gesundheitsökonom Prof. Dr. Boris Augurzky mit seinem Institut RWI bereits 2014 im Rahmen einer Studie Krankenhausplanung 2.0 entsprechende Normen: Solange innerhalb von 30 Fahrzeitminuten noch ein Allgemeinkrankenhaus mit den Fachabteilungen Innere Medizin und Chirurgie erreichbar ist (Kliniken der Basisversorgung), oder weniger als 5.000 zusätzliche Einwohner nach einer Klinikschließung innerhalb von 30 Fahrzeitminuten kein Krankenhaus mehr erreichen, sei dies vertretbar. *4)

 

Die Lobbyisten für Kostensenkungen im Gesundheitswesen setzten sich rasch durch: Die gesetzlichen Krankenkassen simulieren seitdem über einen GKV-Kliniksimulator exakt die Folgen einer Schließung. Damit kann ermittelt werden, welche Kliniken nach den definierten Anfahrzeiten „problemlos“ geschlossen werden können. *5) Einen medizinischen Beleg für zumutbare 30 Fahrzeitminuten konnten die Gesundheitsökonomen nicht liefern – sie sind ja auch keine Mediziner!

 

Wir schließen in Deutschland also weiter Krankenhäuser!

 

Trotz Pandemie waren es 2020 insgesamt 20 Klinikstandorte, die aufgegeben wurden. *6) Da half auch kein vom Bundesinnen- und Bundesforschungsministerium beauftragtes Grünbuch 2020, das unzureichende Vorsorgekapazitäten für Pandemien bescheinigte. „Die ... dargestellte künftige Struktur der stationären Notfallstufen berücksichtigt nur unzureichend die erforderlichen kapazitiven Vorhaltungen zur Bewältigung eines eskalierenden Ausbruchs einer Infektionskrankheit, deren adäquate Bereitschaftsplanung und Evaluierung, kontinuierliches Training und Übung. … Die Gesundheit der Bevölkerung ist Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, sodass Versorgungskapazitäten auch mögliche Krisensituationen berücksichtigen sollten. Der Mangel an medizinischem und pflegerischem Fachpersonal muss konsequent angegangen werden.“ *7)

 

Ein Teilziel hat das Bundesgesundheitsministerium bereits erreicht: Innerhalb des Zeitraums 1991 bis 2020 verringerten sich die Klinikstandorte von 2.411 auf 1.903, ein Rückgang von gut 20% *8)

 

20% geschlossener Krankenhäuser seit 1991 reichen dem Bundesgesundheitsministerium offenbar nicht aus, denn ein Krankenhausstrukturfonds fördert finanziell Krankenhausschließungen. Der Strukturfonds in Höhe von jährlich 750 Mio. Euro soll auch während der Corona-Pandemie gewährleisten, dass weitere Klinikstandorte schließen: Das RWI berichtet im November 2021 dem Bundestag: „ Da der Anteil des KHSF (= Krankenhausstrukturfonds) mit 34 Schließungen einem Wert von 14 Prozent des gewünschten Rückgangs entspricht, wird der Mitteleinsatz im Rahmen des KHSF als effizient angesehen. Allerdings beträgt der Bettenabbau lediglich 4,4 Prozent des gewünschten Rückgangs, was zeigt, dass hauptsächlich kleinere Standorte geschlossen worden sind. Insgesamt muss sich die Krankenhausstruktur aber noch deutlich ändern, um den Sollwert zu erreichen.“ *9)

 

Dieses Schließungsziel – mitten in der Corona-Pandemie formuliert – steht im krassen Widerspruch zum von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Grünbuch 2020. Leider geht dieser Skandal in den Wirren der Pandemie buchstäblich „unter“, von den Medien nicht berichtet und der Bevölkerung nicht registriert. *10)

 

3) Sicherstellungszuschlag zur Beruhigungspille bei Klinikschließungen

 

Um in der bei besorgten Beobachtern der Krankenhauslandschaft das Gesicht zu wahren, führte der Gesetzgeber als Gegenpol zu Klinikschließungen den Sicherstellungszuschlag ein. Unzumutbare Härten für die Bevölkerung sollen angeblich verhindert werden. Erreichen aufgrund einer simulierten Klinikschließung mehr als 5.000 zusätzliche Einwohner ein Krankenhaus nicht mehr innerhalb von 30 Fahrzeitminuten, so wird das Krankenhaus nach gesetzlichen Vorgaben des § 136c Absatz 3 SGB V i.V. mit § 5 Abs. 2 KHEntgG und § 17b Abs. 1a Nr. 6 mit jährlich 400.000 bzw. jährlich 600.000 Euro bezuschusst, je nach Ausstattung seiner Fachabteilungen.

 

 

§ 5 Abs. 2 KHEntgG definiert für Krankenhäuser: „Zur Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, die auf Grund des geringen Versorgungsbedarfs mit den auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten nicht kostendeckend finanzierbar ist, vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 bei Erfüllung der Vorgaben nach den Sätzen 2, 4 und 5 sowie der Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Sicherstellungszuschläge nach § 17b Absatz 1a Nummer 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes.“

 

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die dafür vorgesehenen Rahmenbedingungen in der „Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

(SGB V)“ für eine Krankenhaus der Basisversorgung (Innere Medizin und Chirurgie) erlassen:

 

Ein Krankenhaus, für das ein Zuschlag nach § 17b Absatz 1a Nummer 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) vereinbart wird, muss für die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar ... sein. Zum Nachweis der Voraussetzung nach Satz 1 wird überprüft, ob flächendeckend eine Erreichbarkeit von in Satz 3 festgelegten PKW-Fahrzeitminuten eines anderen geeigneten Krankenhauses vorliegt, und somit bei einer Schließung des Krankenhauses die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung nicht gefährdet wäre.

 

Die PKW-Fahrzeitminuten betragen:

1. für die notwendigen Vorhaltungen nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1: 30 PKW-Fahrzeitminuten …

 

... Eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung für basisversorgungsrelevante Leistungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 liegt vor, wenn durch die Schließung des Krankenhauses, dessen Zuschlagsfähigkeit überprüft wird, zusätzlich mindestens 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner PKW-Fahrzeiten von mehr als 30 Minuten aufwenden müssen, um das nächste geeignete Krankenhaus zu erreichen (Betroffenheitsmaß).“ *11)

 

Für zusätzliche gynäkologische und geburtshilfliche Fachabteilungen (jährliche Förderung bis zu 600.000 Euro) gelten erweiterte Regelungen.

 

4) Unwirksamkeit des Sicherstellungszuschlags

 

Der gesetzliche Sicherstellungszuschlag hilft nicht, allen Einwohnern Deutschlands ein wohnortnahes Krankenhaus sicher zu garantieren. Dies sei nachfolgend begründet.

 

4.1) Geringer Versorgungsbedarf

 

Der Gesetzgeber übertrug es dem Gemeinsamen Bundesausschuss, den geringen Versorgungsbedarf zu definieren. Diesen begründete der Gemeinsame Bundesausschuss eigenartiger Weise nicht bedarfsorientiert sondern ökonomisch:

 

 

Mit dem Sicherstellungszuschlag können nur Defizite aufgrund eines geringen Versorgungsbedarfs, nicht jedoch Defizite aufgrund von Unwirtschaftlichkeiten ausgeglichen werden. Ein geringer Versorgungsbedarf liegt vor, wenn die durchschnittliche Einwohnerdichte im Versorgungsgebiet des Krankenhauses unterhalb von 100 Einwohnerinnen und Einwohnern je Quadratkilometer (100 E./³km²) liegt.“ *12)

 

Die Orientierung am geringen Versorgungsbedarf bzw. der geringen Einwohnerdichte wirft elementare Fragen auf:

 

  • Darf ein Krankenhaus aus ökonomischen Gründen jederzeit in einer dicht besiedelten Region schließen?

  • Rechtfertigen beispielsweise viel mehr, nämlich 27.990 Einwohner, mit längeren Fahrzeiten als 30 Minuten zum nächstgelegenen Krankenhaus die Schließung der Klinik Schongau? Hier liegt die Einwohnerdichte unglücklicherweise lt. GKV-Kliniksimulator bei 101 E./³km²? *)

  • Ist dann die Klinik Schongau, die aller Wahrscheinlichkeit nach schließen wird, für betroffene 27.990 Einwohner etwa nicht versorgungsrelevant? *13)

 

Die Antwort ist eindeutig: Natürlich dürfen zusätzliche 27.990 Einwohner nahe Schongau mit einer Einwohnerdichte von 101 E./³km² (erhält keinen Sicherstellungszuschlag) nicht gegen zusätzliche 9.986 Einwohner nahe Roding mit einer Einwohnerdichte von 94,8 E./³km² (gewährter Sicherstellungszuschlag) verglichen werden. *14) Genau das geschieht aber und zeigt: Für die Kriterien gibt es keinerlei medizinische Grundlage. Es gibt keine Rechtfertigung, weshalb beispielsweise 27.990 Einwohnern bei eskalierenden klinischen Notfällen Entfernungen über 30 Fahrzeitminuten zugemutet werden dürfen. Das ist absoluter Unsinn und kann beispielsweise bei Herzinfarkten und traumatischen Unfallverletzungen lebensentscheidend sein.

 

4.2) Finanziellen Zuschlag statt Schließungsverbot

 

Der Gesetzgeber regelt nach § 5 Abs. 2 KHEntgG Sicherstellungszuschläge zur Sicherung versorgungsrelevanter Krankenhäuser. Das ist eine finanzielle Hilfe. Es fehlt jedoch eine gesetzliche Regelung, die die Schließung versorgungsrelevanter Sicherstellungskrankenhäuser untersagt. Und so dürfen Klinikträger nach Belieben Sicherstellungskrankenhäuser schließen und Versorgungslücken aufreißen. Die Schließung der SANA Klinik Roding zum 31.03.2022 durch den Kreistag Cham und die SANA Kliniken AG ist ein praktisches Beispiel. Nach Nachsehen hat der Bürger. *15)

 

Der minderheitsbedingte Klinikträger, der Landkreis Cham darf sogar bekräftigen: „Durch diese Maßnahmen werden wir eine zeitgemäße, qualitativ hochwertige ärztliche Versorgung in unserem Flächenlandkreis sicherstellen“. *16)

 

In einem Protestschreiben richtete sich die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben deshalb in einem dramatischen Appell an die Fraktionsleiter und den Gesundheitsausschuss des Bayerischen Landtags sowie an den Bayerischen Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek:

Mit der anstehenden Schließungsentscheidung werden anerkannte Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses für Sicherstellungskrankenhäuser in dünn besiedelten Regionen einfach ignoriert. … Schließt die SANA Klinik Roding zum 31.03.2022, so werden ab 01.04.2022 insgesamt 9.986 Einwohner ein Krankenhaus der Grundversorgung nicht mehr binnen 30 Fahrzeitminuten erreichen. Das kann in Notfällen lebensentscheidend sein. Ein so schwerwiegender Verstoß gegen den Grundsatz einer flächendeckenden stationären Versorgung der Bevölkerung ist von landespolitischer Relevanz. Von der Landespolitik muss ein klares Signal kommen, ob sie weiterhin zu diesem Grundsatz steht oder ob Klinikschließungen im freien Ermessen der örtlichen Entscheidungsträger liegen.

 

4.3) Geringer Umfang des Sicherstellungszuschlags

 

400.000 Euro oder 600.000 Euro reichen zur Sicherung versorgungslevanter Krankenhäuser nicht aus. Dies belegen umfangreiche Presseberichte. Die Kliniken Nordoberpfalz AG beispielsweise benötigten für ihre verbliebenen 5 Klinikstandorte in ländlichen Regionen im Jahr 2019 einen Finanzzuschuss des Trägers im Umfang von 50 Mio. Euro. *17) Um diese Finanzlast zu verringern, wurden im Jahr 2020 – mitten in der Corona-Pandemie – eine Rehaklinik in Waldsassen und eine Akutklinik in Vohenstrauß geschlossen. Die zwei Krankenhäuser des Landkreises Kelheim belasten den Landkreis im Jahr 2021 mit immerhin 16 Mio. Euro. *18) Dagegen sind 400.000 Euro oder 600.000 Euro eine „Lachnummer“! Ein Klinikträger wird angesichts Millionen-starker Finanzdefizite seine Entscheidung nicht von einem Zuschuss im Umfang von 400.000 Euro oder 600.000 Euro abhängig machen. Das Beispiel der SANA Klinik Roding zeigt, dass der Sicherstellungszuschlag hier nicht greift und deshalb versagt.

 

34.4) Nicht gegenfinanzierte verschärfte Strukturanforderungen

 

Am 09.12.2020 setzte der gemeinsame Bundesausschuss mit der Festlegung der Basisnotfallversorgung verschärfte Bedingungen für die Gewährung des Sicherstellungszuschlags in Kraft:

 

§ 5 Notwendige Vorhaltungen

(1) 1 Notwendige Vorhaltungen sind

1. die Fachabteilung Innere Medizin und eine chirurgische Fachabteilung, die zur Versorgung von Notfällen der Grund- und Regelversorgung geeignet sind, und ab dem 19. Mai 2023 die Stufe der Basisnotfallversorgung gemäß Abschnitt III der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 SGB V.“ *19)

 

Zu der Basisnotfallversorgung gehören u.a.:

 

  • ein für die Notfallversorgung verantwortlicher Arzt (Zusatzweiterbildung „Klinische

  • Notfall- und Akutmedizin“) und eine Pflegekraft (Zusatzqualifikation „Notfallpflege“) ein Facharzt im Bereich Innere Medizin, Chirurgie und Anästhesie innerhalb von maximal 30 Minuten am Patienten

  • Intensivstation mit mindestens sechs Betten vor, von denen mindestens drei zur Versorgung beatmeter Patienten ausgestattet sind

  • Schockraum

  • 24-stündig verfügbare computertomographische Bildgebung *20)

Allgemein lässt sich feststellen:

 

  • Bisher konnten Sicherstellungskrankenhäuser auch Notfallbehandlungen unterhalb der Basisnotfallversorgung durchführen. Nun werden sie als Sicherstellungskrankenhäuser ausgeschlossen.

  • Die 6 Intensivbetten sind für kleine ländliche Krankenhäusern in strukturschwachen Regionen absolut zu viel. 6 Intensivbetten werden bei Krankenhäusern unter 80 Klinikbetten nicht ausgelastet.

  • Wer eine Intensivstation mit mindestens 6 Betten von Sicherstellungskrankenhäusern fordert, der muss diese auch finanzieren! Genau dies aber geschieht nicht. Es ist bekannt, dass die Mehrkosten einer Intensivstation die Höhe des jährlichen Sicherstellungszuschlags übersteigen, d.h. Sicherstellungskrankenhäuser ohne Basisnotfallversorgung bzw. ohne Intensivstation mit 6 Betten werden die Mehraufwendungen kaum auf sich nehmen und fallen zukünftig aus dem Sicherstellungszuschlag heraus.

 

Man muss dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorhalten, dass exakt eine Selektion von Sicherstellungskrankenhäusern beabsichtigt ist. Und sie erfolgt offenbar auch. Aktuelles Beispiel ist das Krankenhaus Wegscheid:

 

  • Laut GKV-Kliniksimulator erreichen im Falle einer Schließung des Krankenhauses Wegscheid 20.000 Einwohner keine Grundversorgung mehr, bestehend aus Innerer Medizin und Chirurgie (ohne Basisnotfallversorgung), dieser Tatbestand bleibt unverändert bestehen. *21)

  • Das bisher als "unverzichtbar" eingestufte und sicher zu stellende Krankenhaus (keine gestufte Notfallversorgung, nur 5 IMC-Betten) ist jetzt nicht mehr "unverzichtbar"?

  • Bisher nahm das Krankenhaus mit 5 IMC-Betten an einer (nicht gestuften) Notfallbehandlung rund um die Uhr teil (Abschläge für die Nichttteilnahme an der Notfallversorgungg in Höhe von 60 € je stationärem Patient). Jetzt erwägen die Träger sogar die Schließung der Chirurgie, auch die klinische Grundversorgung würde 20.000 Einwohnern versagt. *22)

  • Hier wurde eine ganz gefährliche Entwicklung angestoßen, auf diese Weise würde die ohnehin unzureichende klinische Grundversorgung durch verschärfte Sicherstellungszuschläge weiter ausgedünnt.

Allein in Bayern sind mit Wegscheid, Kemnath und Oberviechtach drei Krankenhäuser betroffen, denen voraussichtlich ab 19. Mai 2023 der Status eines Sicherstellungskrrankenhauses und damit die Existenzgrundlage entzogen wird. *23) 

 

4.5) Keine Lösung für bereits unterversorgte Regionen

 

Bayern verfügt bereits heute über 115 Postleitzahlregionen, in denen mehr als 5.000 Einwohner ihr nächstgelegenes Krankenhaus nicht innerhalb von 30 Fahrzeitminuten erreichen. *24) In Niedersachsen gibt es entsprechend 65 Postleitzahlregionen. *25)

 

Es fehlen jegliche gesetzliche Regelungen, die die Kollateralschäden der DRG-Fallpauschalen, d.h. die 497 Klinikschließungen der Jahre 1991 bis 2019 wieder beheben. Deutschland ist bereits heute klinisch unterversorgt.

 

5) Fazit

 

Das bisherige Kliniksterben wird weiter gehen. Es besteht kein wirksames Instrument, um Klinikschließungen auch versorgungsrelevanter Krankenhäuser zu verhindern. Es entsteht der Eindruck, dass der Sicherstellungszuschlag lediglich der Argumentation dient, Klinikschließungen nur dort voranzutreiben, wo es dem Bürger angeblich nicht schadet.

 

verantwortlich:

Klaus Emmerich

Klinikvorstand i.R.

Bündnis Klinikrettung

Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern

Buchautor zum Thema Kliniksterben

Egerländerweg 1

95502 Himmelkron

0177/1915415

klaus_emmerich@gmx.de

https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com

https://kliniksterben.jimdofree.com/literatur/

 

 

Quellenverzeichnis

 

 

 

*1) Klaus Emmerich, Kliniksterben und klinische Unterversorgung in Bayern - Ursachen und Folgen im Spiegel der Corona-Pandemie, S. 27, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/app/download/14641628032/Dokumentation+Kliniksterben+und+klinische+Unterversorgung+in+Bayern.pdf?t=1643445031

*2) Klaus Emmerich, 2020, Klinische Fallpauschalenabrechnung und ihre Grenzen - Droht ein Kliniksterben in der Corona-Krise?, Berlin, neopubli GmbH, https://www.epubli.de//shop/buch/Klinische-Fallpauschalenabrechnung-und-ihre-Grenzen-Klaus-Emmerich-9783752956177/99289?

*3) Kaufmann Klaus Emmerich, 2019, Diskussion um Qualität und Schließung ländlicher Krankenhäuser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498994, Bertelsmann-Stiftung 5.07.2019, STUDIE: Eine bessere Versorgung ist nur mit halb so vielen Kliniken möglich, Gütersloh, Bertelsmann-Stiftung, 2020, Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren - Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020, Gütersloh:

www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/zwischenbilanz-nach-der-ersten-welle-der-corona-krise-2020-all

*4) Boris Augurzky, Andreas Beivers, Niels Straub, Caroline Veltkamp, 2014, Krankenhausplanung 2.0, http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-materialien/RWI-Materialien_84_Krankenhausplanung.pdf

*5) GKV-Spitzenverband 2021, GKV-Kliniksimulator, https://gkv-kliniksimulator.de/

*6) RTL News, Krankenhäuser in der Krise: Bündnis macht auf Kliniksterben aufmerksam, https://www.rtl.de/cms/krankenhaeuser-in-der-krise-graeber-demo-macht-auf-klinik-sterben-aufmerksam-4736664.html

*7) Homepage Dissens zu notwendigen Klinikkapazitäten in der Bundesregierung, https://klinikkapazitaetencorona.jimdofree.com/, Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit e. V., GRÜNBUCH 2020 https://zoes-bund.de/wp-content/uploads/2020/12/201130_Gruenbuch_2020_digital-BF.pdf

*8) Destatis: Grunddaten der Krankenhäuser 2020 Fach 6,1.1, Wiesbaden, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Publikationen/Downloads-Krankenhaeuser/grunddaten-krankenhaeuser-2120611207004.pdf?__blob=publicationFile

*9) Deutscher Bundestag, Bericht über den durch die Förderung nach dem Krankenhausstrukturfonds bewirkten Strukturwandel*, Drucksache 20/225, https://dserver.bundestag.de/btd/20/002/2000225.pdf

*10) Homepage Dissens zu notwendigen Klinikkapazitäten in der Bundesregierung, https://klinikkapazitaetencorona.jimdofree.com/

*11)Gemeinsamer Bundesausschuss, Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

(SGB V), https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2312/SiRe-RL_2020-10-01_iK_2020-12-09.pdf

*12) Gemeinsamer Bundesausschuss, ebenda

*13) GKV-Kliniksimulator, Präsentation Klinik Schongau, https://www.gkv-kliniksimulator.de/downloads/simulation1/Praesentation_GVE_2021_317100.pdf

*14) GKV-Kliniksimulator, Präsentation Klinik Roding, https://www.gkv-kliniksimulator.de/downloads/simulation1/Praesentation_GVE_2021_327703.pdf

*15) Homepage Schluss mit Kliniksterben in Bayern, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/kliniken-in-not/geplante-klinikschlie%C3%9Fungen/krankenhaus-roding/

*16) Landkreis Cham, Strategische Neuausrichtung der Sana Kliniken des Landkreises Cham, https://www.landkreis-cham.de/aktuelles-nachrichten/alle-meldungen/strategische-neuausrichtung-der-sana-kliniken-des-landkreises-cham/

*17) Oberfalz TV, Kliniken Nordoberpfalz AG: Hinter den Kulissen brodelt es, https://www.otv.de/kliniken-nordoberpfalz-ag-hinter-den-kulissen-brodelt-es-516637/

Oberpfalz TV, Kliniken Nordoberpfalz AG: Michael Hoffmann wird neuer Vorstand, https://www.otv.de/kliniken-nordoberpfalz-ag-michael-hoffmann-wird-neuer-vorstand-523840/

*18) Hallertauer Zeitung, 2021, Kreis greift für Kliniken tief in die Tasche, Mainburg

*19) Gemeinsamer Bundesausschuss, Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses

für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), https://neue-kliniken-simulieren.jimdofree.com/unwirksamer-sicherstellungszuschlag/

*20) Gemeinsamer Bundesausschuss, Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2340/Not-Kra-R_2020-11-20_iK-2020-11-01.pdf

*21) Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Notfallversorgung Krankenhaus Wegscheid, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/kliniken-in-not/geplante-klinikschlie%C3%9Fungen/notfallversorgung-krankenhaus-wegscheid/

*22) GKV-Kliniksimulator, Krankenhaus Wegscheid, https://www.gkv-kliniksimulator.de/downloads/simulation1/Praesentation_GVE_2022_324500.pdf

*23) BR24, Diskussion um Kliniken in der Oberpfalz: Wie geht es weiter?, https://www.br.de/nachrichten/bayern/diskussion-um-kliniken-in-der-oberpfalz-wie-geht-es-weiter,TNAffXo

*24) Homepage Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/unterversorgung/, Homepage Neue Krankenhäuser simulieren und einfordern, https://neue-kliniken-simulieren.jimdofree.com/

*25) Bündnis Klinikrettung, Niedersachsen plant Klinikabbau im Rekordtempo und gefährdet die wohnortnahe klinische Versorgung,

 

https://www.gemeingut.org/niedersachsen-plant-klinikabbau-im-rekordtempo-und-gefaehrdet-die-wohnortnahe-klinische-versorgung/, Homepage Neue Krankenhäuser simulieren und einfordern

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